Afrika und Europa
Die Hauptkundgebung der 42. Paneuropa-Tage der Paneuropa-Union Deutschland, die vom 3. bis 5. Juni 2016 in Darmstadt stattgefunden haben, prägte das Bekenntnis zu einer "Partnerschaft auf Augenhöhe" zwischen Europa und Afrika.
Präsident Bernd Posselt nannte die älteste europäische Einigungsbewegung eine "Kampforganisation gegen den Egoismus", die daher besonders geeignet sei, die beiden Nachbarkontinente zusammenzuführen. Europa dürfe sich nicht abschotten, sondern müsse sich einerseits auf der Grundlage seiner christlichen Kultur festigen, andererseits aber eine offene Zusammenarbeit mit anderen Kulturen, Religionen und Kontinenten pflegen: "Ein abgeschottetes Europa stirbt ab wie ein abgeschnürtes Glied, ein lebendiges und mit den anderen Erdteilen verbundenes ist ein Segen für die Welt."
Der internationale Präsident der Paneuropa-Union, Alain Terrenoire aus Paris, wertete die Gründung der heutigen EU in den fünfziger Jahren im Rückblick als "echte Revolution". Seitdem sei Europa durch den Ost-West-Gegensatz, die Entkolonialisierung, den Zusammenbruch des Sowjetreichs, den Auftritt Chinas und die Vorherrschaft Amerikas immer wieder neu herausgefordert worden, aber seine Beiträge zur globalen Friedensordnung und zur Wirtschaft könnten sich sehen lassen.
Mit einem Zornesausbruch gegen die nationalistischen Kräfte in Europa und einem Dank an die Paneuropa-Union für ihr völkerverbindendes Wirken leitete der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok, seinen Redebeitrag ein.
Der aus Äthiopien stammende Experte für Klimaschutz und Konfliktprävention Kiflemariam Gebrewold nannte die Beziehungen zwischen Europa und Afrika "historisch alt und prägend, manchmal auch schmerzhaft".
Der amtierende Generaldirektor für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung in der EU-Kommission, Klaus Rudischhauser, legte dar, daß sich der Arbeitsschwerpunkt in seiner Institution immer mehr von der Innen- zur Außenpolitik verlagere.
Der deutsche Paneuropa-Vizepräsident Michael Gahler, im Europaparlament Vorsitzender des Gemischten Ausschusses mit dem Panafrikanischen Parlament, machte deutlich, daß die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten niemals Kolonialmächte gewesen seien. Staaten wie Frankreich und Großbritannien hätten in Afrika mehr Erfahrungen und Wurzeln, andere brächten wiederum ihre Unbelastetheit ein.
Obwohl stark vom gleichzeitig stattfindenden Europawochendende der Stadt beansprucht, hatte sich Oberbürgermeister Jochen Partsch die Zeit genommen, die Paneuropäer in Darmstadt zu begrüßen.
Die Landesvorsitzende der Paneuropa-Union Hessen, Kathi-Marie Ulrich, wies darauf hin, daß Charles Darwin Afrika als "Wiege der Menschheit" bezeichnet habe, weil sich dort der Mensch entwickelt habe.
Moderiert wurde die Hauptkundgebung der 42. Paneuropatage vom Vorsitzenden der Paneuropa-Jugend Deutschland, Franziskus Posselt, der bemerkte, daß zwar Afrika sich flächen- und bevölkerungsmäßig mit vollem Recht als Kontinent bezeichnen könne, Europa aber diesen Namen allein aus seiner Geschichte und Kultur beziehe.
Die musikalische Umrahmung der Kundgebung lag bei der Egerländer Familienmusik Hess, die auch beim anschließenden Apfelweinfest in Groß-Umstadt aufspielte.
Der Moderator des Diskussionsforums der Paneuropa-Tage, der internationale Paneuropa-Vizepräsident Dirk H. Voß, illustrierte die Nähe Afrikas mit der Frage, wieviele Staatsgrenzen Timbuktu vom Mittelmeer trennen – "nur eine! Timbuktu, das Synonym für ,ganz weit weg', ist plötzlich ganz nah."
Der Steirer Hans Stoisser, seit Jahren in verschiedenen Ländern Afrikas beim Aufbau von Gemeinde-Infrastrukturen und Unternehmen tätig und Autor des Buches "Der schwarze Tiger", vertrat die Ansicht, daß die Zukunft Europas auch in Afrika entschieden werde.
Der Leiter der Afrika-Programme der Deutschen Welle, Claus Stäcker, wies darauf hin, daß momentan allein in Libyen bis zu eine Million Menschen auf die Überfahrt nach Europa warte.
Vor diesem Hintergrund warnte der ehemalige Außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gert Weisskirchen die europäischen Politiker vor Depression und Apathie einerseits und Zynismus andererseits.
Der polnische Minorit Prof. Zdzisław Jozef Kijas, Mitarbeiter der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, schilderte Afrika vor allem als einen Kontinent der Zukunft des christlichen Glaubens.
Karel Dekempe, Geschäftsführer der internationalen Hilfsorganisation Fidesco, bezeichnete Afrika als Kontinent der Hoffnung, der Freude und des Humors. Aber er warnte: "Die große Masse der Afrikaner gehört zur Unterschicht, die auf dem Land lebt."
Antoine Broquet, Präsidiumsmitglied der Paneuropa-Mitgliedsorganisation "La Fédération" in Frankreich, hob vor allem darauf ab, eine echte europäisch-afrikanische Partnerschaft zu errichten.
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Europaparlamentarier Milan Horáček bekannte in der Runde, daß er sich seit einer Begegnung als Gründungsmitglied der Partei Die Grünen mit dem früheren Staatspräsidenten von Algerien Ahmed Ben Bella wiederholt frage, was die Menschenrechte aus anderen Perspektiven bedeuteten.
Bei der Festlichen Eröffnung forderte Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, "mehr Aufmerksamkeit für Afrika".
Der nigerianische Menschenrechtler Emmanuel Franklyne Ogbunwezeh stellte sich rhetorisch die Frage, was Afrika Europa anzubieten habe.
Staatssekretär Mark Weinmeister überbrachte die Grüße des Schirmherrn der Veranstaltung, Ministerpräsident Volker Bouffier.
Geistliche Höhepunkte der Paneuropa-Tage waren die evangelische Morgenfeier mit Pfarrer Erwin Köber, einem Siebenbürger Sachsen, und ein katholischer Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Ludwig, den der Eichstätter Domkapitular Prälat Christoph Kühn, Pater Zdzisław Józef Kijas aus dem Vatikan und der örtliche Pfarrer Christoph Klock zelebrierten.
Pressemitteilung: Afrika und Europa – zwei Kontinente, ein Schicksal (DE) (PDF)